Aspekte der Verjährung bei Allergan-Geschädigten

Es kursieren irreführende Informationen im Netz, nach denen für alle Allergan-Geschädigte nun mit Ablauf des 31.12.2021 sämtliche Schadensersatzansprüche in die Verjährung „rutschen“ würden.

So pauschal kann dies jedoch nicht festgestellt werden. Jede Betroffene muss für sich individuell klären, wann für sie die Verjährung beginnt – und abläuft. Dieser Beitrag stellt die wesentlichen Aspekte der Verjährung dar:

Die Verjährungsfrist beginnt mit der Kenntnis der Anspruchsvoraussetzungen

Der Anspruch auf Schadensersatz verjährt binnen drei Jahren. Die Verjährung beginnt für deliktische Ansprüche aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) mit dem Schluss des Jahres, in dem

  1. der Schadensersatzanspruch entstanden ist und
  2. die Geschädigte von den den Schadensersatzanspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste, vgl. §§ 195, 199 BGB.

Das Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG) sieht gleichfalls eine Verjährungsfrist von drei Jahren vor, § 12 ProdHaftG. Diese Frist beginnt zu laufen, wenn die Geschädigte Kenntnis von

  1. dem Schaden,
  2. dem Fehler und
  3. der Person des Ersatzpflichtigen

hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste. Hier muss also zusätzlich noch der Fehler des Produkts bekannt sein.

Allein der Umstand, dass für die Allergan Ltd. die Vertriebs-Zertifikate für den Europäischen Markt (mit Gültigkeit bis zum 16. Dezember 2018) für die in Verkehr gebrachten Brustimplantate und Gewebeexpander mit texturierter Oberfläche (Biocell und Microcell Texturierung) nicht verlängert worden sind, lässt für Betroffene nicht automatisch die Verjährungsfrist beginnen. Viele Frauen erlangten nachweislich erst später (in den Jahren 2019, 2020 oder auch erst 2021) Kenntnis von einem Produktfehler und / oder dem Ursachenzusammenhang zwischen den eingebrachten Silikon-Brustimplantaten und ihren gesundheitlichen Beschwerden.

Jede Betroffene muss daher für sich klären, wann sie persönlich von folgenden Umständen Kenntnis erlangt hat:

  • von einem Fehler an den ihr eingebrachten Silikon-Implantaten,
  • von Schäden an ihrer Gesundheit, die ursächlich auf diesen Fehler zurückzuführen sind
  • von der Allergan Ltd. als verantwortliche Herstellerin.

Kenntnis im vorbezeichneten Sinn wird eine Betroffene in der Regel erst erlangen, wenn persönliche, ärztliche Befunde im Zusammenhang mit den Silikon-Brustimplantaten erhoben worden sind. Der Kenntnis gleichzusetzen wären auch unmittelbar an die Betroffene gerichtete Warnschreiben der Operateure u.a.

Unabhängig davon ist zusätzlich die 10-Jahres-Ausschlussfrist des § 13 Produkthaftungsgesetzes beachtlich

Das Produkthaftungsgesetz sieht vor, dass der Anspruch nach zehn Jahren nach der Inverkehrgabe des Produkts erlischt (§ 13 ProdHaftG). Bei der Herstellerin Allergan Ltd. ist hierfür maßgeblich, wann die Implantate das Werk verlassen haben. Ich empfehle dringend, in jedem konkreten Einzelfall zu klären, wann die Implantate in den Verkehr gebracht worden sind, um einen Ausschluss der Haftungstatbestände nach dem Produkthaftungsgesetz zu vermeiden. Das Erlöschen der Ansprüche aus dem Produkthaftungsgesetz gemäß § 13 ProdHaftG kann nur durch Klagerhebung oder Einleitung eines Mahnverfahrens binnen der 10-Jahres-Frist verhindert werden.

Persönliche Beratung

Bitte beachten Sie, dass dieser Beitrag keine persönliche Rechtsberatung ersetzt. Vorsorglich empfehle ich, mögliche Verjährungsaspekte anwaltlich prüfen zu lassen.