Die Pflichten des Chefarztes bei einer Wahlleistungsvereinbarung

OLG Hamm, Urteil vom 15.12.2017, 26 U 74/17

Regelmäßig beschäftigen sich Gerichte mit dem sog. „Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung“ im Falle einer Wahlleistungsvereinbarung mit dem Chefarzt.

Mit der Wahlleistungsvereinbarung möchte sich der Patient die besonderen Erfahrungen und die medizinische Kompetenz des ausgewählten (Chef-)Arztes sichern

Eine Wahlleistungsvereinbarung stellt einen gesonderten Vertrag des Patienten mit dem Chefarzt über wahlärztliche Leistungen dar. Im Klartext: Der Patient möchte sich für seine Behandlung gegen Entrichtung eines zusätzlichen Honorars die besonderen Erfahrungen und die medizinische Kompetenz des ausgewählten (Chef-)Arztes sichern.

Der Wahlarzt muss die „Kernleistungen“ der Behandlung persönlich erbringen

Entsprechend muss der ausgewählte Arzt die Kernleistungen der Behandlung persönlich und eigenständig erbringen.

Ein Chirurg muss deshalb die geschuldete Operation selbst durchführen; seine körperliche Anwesenheit während der Operation ohne unmittelbare Einflussmöglichkeit in das operative Geschehen ist nach Auffassung des 26. Zivilsenats des OLG Hamm nicht ausreichend. Offen bleibt in dieser Entscheidung aber, ob der Wahlarzt die OP-Instrumente selbst als 1. Operateur führen muss, oder ob es ausreichend ist, wenn der Wahlarzt einem anderen Arzt unter direkter Aufsicht assistiert.

Eine Übertragung der persönlichen Leistungserbringung auf einen Stellvertreter ist möglich

Eine Übertragung der persönlichen Leistungserbringung ist nur möglich, wenn der Patient nach rechtzeitiger Aufklärung über die Verhinderung des Wahlarztes ausdrücklich zugestimmt hat, dass ein anderer Arzt an Stelle des Wahlarztes treten soll.

Eine wirksame Übertragung der Wahlleistungen ist möglich, wenn (1.) diese im Rahmen einer schriftlichen Individualvereinbarung gesondert geregelt ist oder (2.) in einer formularmäßigen Abrede für den Fall der unvorhersehbaren Abwesenheit des Wahlarztes dessen Vertretung durch einen namentlich bestimmten, ständigen ärztlichen Vertreter geregelt ist.

Hat der Patient nicht in eine Übertragung der Wahlleistungen auf einen Stellvertreter zugestimmt, so ist die Behandlung durch einen anderen Arzt rechtswidrig

Fehlt eine solche Einwilligung in die Vornahme des ärztlichen Eingriffs durch einen Vertreter, so ist der Eingriff rechtswidrig – und die Behandlung damit fehlerhaft. Darüber hinaus verliert die Behandlungsseite ihren Honoraranspruch.

Bei Verstoß gegen die Wahlleistungsvereinbarung verliert der Wahlarzt auch seinen Honoraranspruch

Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat klargestellt, dass sich die Behandlerseite nicht auf die rechtfertigende sog. „hypothetischen Einwilligung“ berufen kann (vgl. Urteil des BGH vom 29.07.2016, VI ZR 75/15). Das Argument, der Patient sei mit der Vornahme des Eingriffs durch einen anderen – ggf. sogar besser qualifizierten – Operateur einverstanden gewesen, widerspreche dem „Schutzzweck des Einwilligungserfordernisses bei ärztlichen Eingriffen“ – und sei damit unbeachtlich.

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