Haftung des Pferdehalters – Mitverschulden des Geschädigten – welche Sorgfaltspflichten muss der Geschädigte einhalten?

Ein Tierhalter, der sein Tier zur Freizeitgestaltung hält, haftet grundsätzlich für den Schaden, der dadurch entsteht, dass durch das Tier der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt wird; so steht es im Gesetz in § 833 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB).

Im Rahmen der Tierhalterhaftung ist jedoch besonderes Augenmerk auf den sog. „Mitverschuldenseinwand“ zu richten. So ist die Haftung des Tierhalters eingeschränkt oder sogar ganz ausgeschlossen, wenn der Geschädigte in Gegenwart des Tiers die Sorgfalt außer Acht gelassen hat, die ein verständiger Mensch im eigenen Interesse aufwendet, um sich vor Schaden zu bewahren.

Bei der Haftung des Tierhalters kann ein Mitverschulden des Verletzten beachtlich sein

Es ist stets im Einzelfall zu prüfen, ob ein Mitverschulden des Geschädigten in Betracht kommt. Hierbei kommt es auf die Erkennbarkeit der konkreten Gefährlichkeit des tierischen Verhaltens sowie auf die Möglichkeit und Zumutbarkeit ihrer Vermeidung an. Es ist zu ergründen, ob der Geschädigte die Situation der erhöhten Verletzungsgefahr selbst herbeigeführt hat, obwohl er diese Gefahr erkennen und vermeiden konnte. Anschließend ist abzuwägen, inwieweit die Gefahrenverantwortung des Tierhalters gegenüber dem Verursachungsbeitrag des Verletzten zurück tritt. Hierbei ist auch der Grad des Sorgfaltsverstoßes gegen das eigene Sicherheitsinteresse zu berücksichtigen.

Tierhalter müssen Umgangs-/Halterregeln beachten – Dritte müssen in Anwesenheit von Tieren mit Sorgfalt ihr eigenes Sicherheitsinteresse wahren

Im Rahmen der Abwägung ist zu ergründen, inwieweit die verletzte Person mit den typischen Verhaltensweisen des verletzenden Tiers vertraut gewesen ist und das verletzende Verhalten vorhersehbar war. Demgegenüber ist beachtlich, inwieweit der Tierhalter die verbindlichen Umgangs-/Halterregeln hinreichend beachtet hat. Hierfür gibt es keine allgemein verbindliche „Rezeptur“ – vielmehr ist jeder Einzelfall gesondert zu bewerten.

So ist beispielsweise nach Auffassung des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz ein Pferd, das zum Auskeilen neigt, bei einem gemeinsamen Ausritt mit einer roten Schleife am Schweif zu kennzeichnen. Außerdem muss der Reiter am Schluss der Gruppe reiten. Wird dies unterlassen, so trifft einen über die konkrete Gefährlichkeit des Tiers nicht informierten verletzten Reiter kein Mitverschulden, wenn er wegen plötzlicher und nicht durch einen Warnruf angekündigter Verzögerung aus der Gangart Trab einen kurzen Moment zu dicht aufreitet und das Pferd in diesem Moment nach hinten auskeilt (vgl. Urteil des OLG Koblenz vom 26.01.2016, 5 U 319/04). 

Eine verletzte Reiterin mit einer Reitpraxis von über acht Jahren, die sich selbst als geübte und erfahrene Reiterin bezeichnet, trifft hingegen alleiniges (Mit-) Verschulden, wenn sie sich trotz Kenntnis, dass es bei dem erstmaligen Versuch, ein Pferd aus einen Anhänger zu verladen, zu erheblichen Problemen gekommen ist, – trotz dieser Warnsignale – bei dem zweiten Verladeversuch in dem Gefahrenbereich aufhält (einen Meter hinter oder seitlich hinter dem Pferd). Nach Auffassung des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf habe die Verletzte in diesem Fall in besonders eklatanter Weise trotz Erkennbarkeit der Gefährlichkeit ihres Aufenthaltsortes gegen die Obliegenheit zum Selbstschutz gehandelt – mit der Folge, dass hierdurch die Haftung der Pferdehalterin für die Tiergefahr in vollem Umfang zurück trete (vgl. Urteil des OLG Düsseldorf vom 29.09.2005, 5 U 21/05).

Die Rechtsprechung verlangt hiernach von der/m Verletzten eine im Einzelfall zu bestimmende Sorgfalt im Umgang und auch in bloßer Gegenwart von Tieren ab.

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